Die Wahrheit über Perth
Wo fängt Perth an und wo hört diese Stadt auf? Sobald man bewohntes Gebiet betritt, ist man im Einflussbereich der größten Stadt Westaustraliens. Umgeben von Vororten, eigenen Städten, Zentren, die in fließendem Übergang zum Central Business District stehen, liegt die Perle des Westens. Folgt man dem Freeway der Küste entlang, taucht vor einem die Skyline auf. Dieser Anblick, diese Stadt ist das Ziel einer langen Reise für alle, die die Westküste herunter kommen. Eine Traumstadt … auf den ersten Blick. Wäre da nicht der Verkehr, der die Hölle ist, was nicht nur an der Straßenführung liegt. Teuer ist sie zudem. Architektonisch sind die Betrachter unterschiedlicher Meinung. Hochmoderne Bauten umgeben Gebäude von historischer Bedeutung. Es wirkt skurril, wenn ein kaum zweistöckiger Backsteinbau von schwindelerregend hohen Glas- und Stahlbauten umgeben ist. Aber grün ist Perth, genauso wie die Umgebung. Geographisch bedingt sind die Temperaturen gemäßigt und der Niederschlag ausreichend. Für mich bedeutet dies, dass ich seit vier Monaten den ersten Regen gesehen habe und dauerhaft friere. Es ist wohl kaum nachzuvollziehen, aber 18°C (gegenüber den 42°C an der Westküste) lassen mich zwei Pullover, Schal und zuweilen Mütze tragen.
Auch wenn ich im Grunde nur einen Tag in Perth verbracht habe, so habe ich doch die Umgebung durch Besuche auf Rottnest Island, den Vororten (inklusive Shopping in einem der unzähligen Einkaufszentren) und durch die letzte Walbeobachtungstour der Saison kennengelernt. Und ich kann all jene Menschen verstehen, die es in diese Region verschlägt. Wer das Großstadtleben und den australischen Lebensstil liebt, für den ist der Großraum Perth tatsächlich die Perle des Westens.
Die letzten Schritte nach Perth
Ich stehe vor den Toren von Perth. Müde und ausgelaugt, aber zufrieden kann ich morgen in die größte Stadt von Western Australia einfahren. Hinter mir liegen 20 Tage voller Ereignisse und Begegnungen. Aber vor allem Kilometer. Anstelle der 1800 Kilometer, die zwischen Port Hedland und Perth liegen, bin ich fast 4500 gefahren. Zeit für mich, einen Gang zurückzuschalten und ein paar ruhigere Tage ohne Langstreckenfahrten in Perth zu verbringen.
Besonders die letzten Etappen waren zügig, vielleicht sogar zu schnell. Nach dem Verlassen von Steep Point bin ich gen Norden in den Kalbarri Nationalpark gefahren. Leider war ich für die Wildblumensaison einen Hauch zu spät, jedoch lockten einige Wanderungen. Nach einem erfrischenden 18 km Walk am Morgen entlang der Steilküste ging es auf den Weg nach Port Gregory, um den berühmten Pink Lake anzuschauen. Und Tatsache, er ist pink. Hervorgerufen wird dies durch Bakterien, die in auskristallisierende Salzkristalle eingeschlossen werden. Anschließend ging es auf einen Abstecher ins Fürstentum Hutt River (inklusive Visum und Stempel im Reisepass). Dieser 1970 gegründete (und von Australien nicht anerkannte) Kleinstaat war allerdings nur eine Zwischenstation (ich habe nicht mal Fotos gemacht), die nach einem kurzen Gespräch mit Fürst Leonard wieder verlassen wurde. Nach einer Nacht am Coronation Beach ging es dann in den Nationalpark-Marathon: Lesueur, Nambung und Yanchep an einem Tag. Hervorheben möchte ich hierbei den Nambung, denn er beherbergt die Pinnacles Desert. Denn auch wenn es nur Kalksteinsäulen sind, so kann man das Gefühl kaum beschreiben, wenn man mit dem Hintergedanken zwischen ihnen umherwandelt, dass ihre Entstehung noch immer nicht geklärt ist. Einfach unbeschreiblich. Für den Yanchep hätte ich mir gern mehr Zeit genommen, um die langen, mehrtägigen Wanderungen in Angriff zu nehmen, aber mich drängt es innerlich vorwärts. Tasmanien ruft … und ich folge meinem Weg dahin.
Steep Point
… ist der westlichste Punkt des australischen Kontinents. Lange habe ich überlegt – und mich mehrmals dagegen entschieden –, ob ich diesen Abstecher mache oder nicht. Und nun stehe ich hier, der Wind bläst mir entgegen, die Gischt der auf die Steilküste prallenden Brandung peitscht mir ins Gesicht, und ich bin so glücklich, dass ich den beschwerlichen Weg durch tiefen Sand und über Felsen genommen habe. Vor mir, so weit das Auge reicht, liegt der Indische Ozean, wild und aufgewühlt, so wie ich mich gerade fühle. Und auch wenn dieses widersprüchlich erscheint, so durchströmt mich gleichzeitig eine unglaubliche innere Ruhe und Zufriedenheit. Es ist mehr, als dass man sagen kann, dass man dort gewesen ist. Es ist mehr als das obligatorische Foto. Diesen Ort in all seiner Abgeschiedenheit und Wildheit muss man gesehen und erlebt haben.
Nach Cape York ist dies nun Nummer 2 von 4!
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#1
:-) Ich freue mich sehr für dich und bin in meinem Herzen und meinen Gedanken mit auf deiner Reise die Westküste entlang unterwegs... :-)
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#2
Isst du denn auch immer schön, kindchen? du wirkst so dünn!
Ich wünsche dir eine schöne adventszeit, auch wenn du die wohl völlig aus deinem bewusstsein verdrängt haben wirst. Halt die ohren steif.
Shark Bay
Wenn man aus dem Norden kommend nach Denham fährt, um die World Heritage Area Shark Bay zu besuchen, dann stockt einem kurzzeitig der Atem. Nach hunderten Kilometern Highway durch niedrig wachsende Buschlandschaft ist man kaum vorbereitet auf den Anblick des türkis- und azurfarbenen Ozeans, der sich zuerst am Shell Beach zeigt, dann erneut beim Überqueren der letzten Bergkuppe. Man taucht geradezu ein in eine Welt aus Wasser verschiedenster Farben. Monkey Mia ist das Ziel. Der Küstenort ist mit seinen Delphinfütterungen das touristische Zentrum. Doch weit mehr wird geboten. Katamaranfahrten bringen einem die Meereswelt näher. Delphine, Meeresschildkröten, Haie, Rochen, Seeschlangen und Seeelefanten können fast immer gesichtet werden.
Die Spitze der an der Shark Bay liegenden Peninsula nimmt der Francois Peron Nationalpark ein. Und diesen wollte ich mir nicht entgehen lassen. Zu meiner Freude habe ich ihn nicht allein bereist, denn Sarah und Hilke, die mir erstmals in Karijini begegnet sind, wir danach gemeinsam im Cape Range auf nächtlicher Schildkrötenbeobachtung waren und anschließend eine Kekse-und-Nutella-Orgie gefeiert haben, fragten mich nach erneutem Treffen in Monkey Mia, ob wir nicht den Peron NP gemeinsam besuchen wollen würden. Selbstredend! Und es war perfekt. Die Peninsula mit ihren roten Sanddünen, den Traumstränden und dem perfekten Wasser ist einfach unbeschreiblich schön. Die zu beobachtende Tierwelt lässt einem das Herz aufgehen: Ich habe eine Seeschlange (meine dritte) und einen Schnabeligel gesehen. Doch wie immer war ich mit der Kamera bei beiden nicht schnell genug. Seeelefanten, Meeresschildkröten, Haie und Rochen, wir haben alles gesehen. Ein Schokofondue gemeinsam mit unseren deutsch-österreichischen Campnachbarn Eva und H.-P., die wir morgens kennengelernt hatten, war die angemessene Krönung eines perfekten Tages. So schön ein Ort auch sein kann, durch die richtige Begleitung wird er noch um einiges schöner. Hilke und Sarah, ich danke euch!
Ningaloo (Exmouth, Cape Range, Coral Bay)
Nin-gaa-loooo … Ein Wort wie ein Gedicht. Ein Wort wie ein Gemälde. Es verspricht Atemberaubendes. Dieses Wort steht für unfassbare Schönheit: Die Schönheit der Natur des Meeres.
Das Ningaloo-Riff erstreckt sich über hunderte Kilometer von Exmouth im Norden bis nach Coral Bay im Süden. Es ist das westliche Pendant zum Great Barrier Reef und erfüllt die gleichen ökologischen Funktionen: Es ist der Wellenbrecher, der das Festland schützt, und es ist die Heimat unzähliger Korallen-, Fisch- und anderer Arten. Im Gegensatz zum östlichen Riff ist es jedoch viel einfacher zu erreichen, da die Korallenbänke zum Beispiel direkt in Ufernähe des Cape Range Nationalparks liegen. Der Cape Range NP bietet somit auf beeindruckende Art und Weise die Gelegenheit, in diese mehr als faszinierende Unterwasserwelt abzutauchen und auf Tuchfühlung mit Rifffischen, Meeresschildkröten und Haien zu gehen. Auch das südlicher gelegene Küstenörtchen Coral Bay bietet diesen Einblick. Die Korallenbänke sind einzigartig. Jedoch bietet der Cape Range NP in seiner Gesamtheit mehr. Er ist vielfältiger und zeigt eine größere Bandbreite an Meeresbewohnern.
Ich kann momentan nur wenige Worte über diesen Abschnitt meiner Reise schreiben, denn verarbeitet habe ich dieses Erlebnis noch nicht. Die überwältigende Schönheit dieses so unglaublich fragilen Ökosystems ist sprichwörtlich: Ich bin überwältigt. Gerne würde ich diese Einblicke teilen, aber es wird noch dauern, bis die Bilder der Unterwasserkamera entwickelt worden sind. Aber glaubt mir: Ningaloo ist umwerfend!
Karijini Nationalpark
Verträumte Schluchten so alt wie der Kontinent selbst, dennoch grün und voller Leben, sanfte Hügel, und alles eingerahmt von organisch anmutenden Bergketten – das ist der Karijini Nationalpark. Es ist ein wunderschöner Nationalpark, von vielen Australiern als der Schönste bezeichnet. Doch wer die El Questro Gorge durchwandert, in Lawn Hill gepaddelt und in der Barramundi Gorge geschwommen ist, der hat das obere Limit gesehen. Und dieses erfüllt der Park im Einzelnen nicht. Doch dies soll in keiner Weise Karijini herabwürdigen, denn ohne jeden Zweifel zählt er in seiner Gesamtheit, seiner Vielfältigkeit und seinem Anspruch zu den Schönsten. Ich bin diesem Nationalpark dankbar, denn er hat mir mein Lächeln und meine Freude wiedergegeben. Und zwar in einem Maße, dass mich der durchlöcherte Reifen, der sich mir am zweiten Tag offenbarte, überhaupt nicht gestört hat. Zwei Nächte habe ich im Park verbracht und habe einiges aufzuholen gehabt. Ich habe alles mitgenommen, was dieser Park zu bieten hat: Fortescue Falls; Fern, Circular, Handrail und Kermit’s Pool (inklusive des Spider Walks); Dales, Kalamina, Joffre, Knox, Weano und Hancock Gorge! Selbst der Abstecher zur etwas abseits liegenden Hamersley Gorge hat sich gelohnt, auch wenn es so spät wurde, dass ich im Nirgendwo neben freilaufenden Rindern gezeltet habe.
Morgens ging es dann kurz nach Tom Price, um den Reifen zu ersetzen, und dann auf den langen Weg nach Exmouth. Und ich muss sagen, dass allein der Weg atemberaubend ist und deshalb Karijini zu einem mehr als lohnenswerten Ziel macht. Es macht einfach Spaß, durch diese hügelige Landschaft zu fahren.
Neun Stunden Autofahrt und 750 Kilometer später stehe ich nun am Indischen Ozean, das Wasser umspült meine Füße und mein Herz beginnt zu realisieren, dass ich nun endlich und zum ersten Mal unbeschwert an der Westküste angekommen bin.
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#1
:-) Ich freue mich sehr, dass die Karijini dein Lächeln zurückgegeben hat! Genau deswegen wollte ich unbedingt, dass du dorthin gehst!
Ich wünsche dir von Herzen, dass das Glück dir nun etwas holder ist! Und falls nicht - no worries, take it easy, tomorrow is another day! und vor allem: take care!!!
Alles Liebe und Gute vom anderen Ende der Welt für dich!
T. -
#2
Schön zu sehen, daß die Prüfungen Dich gefestigt haben und Du deinen Weg weiter gehst und die nächsten Erlebnisse genießen kannst. Weiter so. Alles wird gut. Die Bilder werden immer grandioser. Alles Liebe und Gute aus dem spätherbstlichen Norddeutschland. A+J
Port Hedland und South Hedland
Mit gemischten Gefühlen, aber immerhin ein wenig Hoffnung, traf ich vor drei Wochen in Port Hedland ein. Hoffnung, die schnell enttäuscht wurde, denn wie bereits vorher, gelang es mir nicht, das Auto zu verkaufen. Somit blieb nur die letzte Möglichkeit: Der Einbau eines neuen Motors. Um überhaupt die Reise fortsetzen zu können, war ich bereit, zwei Wochen zu investieren. Dass es nun drei Wochen geworden sind, liegt daran, dass ein falscher Motor geliefert wurde. Typisch Australien. Somit blieb viel Zeit für wenige Attraktionen. Denn Port Hedland ist eine Kleinstadt, die von den umliegenden Minen - hauptsächlich wird Eisenoxid gefördert, aber auch Salz (berühmter Salzberg, siehe Foto) – profitiert. Stündlich laufen Frachter ein und aus, um die Stoffe weltweit zu verschiffen. Mehr bietet diese Stadt aber auch nicht. Es ist eine Arbeiterstadt, keine für Touristen. Die Preise sind selbst für australische Verhältnisse astronomisch. Kein Wunder, so verdient hier ein Minenarbeiter selten unter 150.000 Dollar im Jahr.
Was blieb somit für mich zu tun? Wenig, außer einen Vorschlag zu beherzigen und einen anderen Einblick in die Lebensweise der Australier und ihre Kultur zu erlangen. Ein Teil von ihnen sind Wanderarbeiter, die mit ihren Wohnwagen von Arbeitsstelle zu Arbeitsstelle ziehen und in den Caravan-Parks wohnen. Ihre Post wird hierhin geschickt. Sie ziehen ihre Kinder hier groß! Unbestritten ist, dass Australier Familienmenschen sind. Aber auch bei allem Familienzusammenhalt kann ich mir die Belastung nicht vorstellen, wenn zwei Eltern und zwei schulpflichtige Kinder für Monate oder Jahre in einem Wohnwagen leben. Aber es scheint zu funktionieren.
Insgesamt blieb aber wenig zu tun. Ich habe viel gelesen und viel nachgedacht. Über Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges. Viel gegrübelt. Über manches bin ich mir nun klarer. Aber Fragen bleiben immer.
Mit gemischten Gefühlen verlasse ich morgen South Hedland. Auch wenn das Auto nun wirklich vollständig repariert erscheint, so habe ich dennoch das Vertrauen verloren. Zu oft wurden bisher meine Hoffnungen enttäuscht. Wie heißts so schön: Gestern stand ich noch am Abgrund. Heute bin ich einen Schritt weiter.
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