Corvo

 

7 Minuten Flugzeit von Flores nach Corvo, drei deutsche Passagiere an Bord des Flugzeugs, der Flugbegleiter verzichtet auf die Sicherheitshinweise - Welcome to Corvo! Und ich schließe es in meine Arme. Das 17 Quadratkilometer kleine Eiland wird bevorzugt von Tagestouristen besucht. Dass ich 4 Tage eingeplant habe, konnte keiner verstehen. Doch wer länger hier verbleibt, wird es verstehen.

Bereits kurz nach der Ankunft gab es ein Wiedersehen mit Sophia, Micha und Johanna, das mit Kuchen (der aber nicht dafür gebacken worden ist) gefeiert wurde. Dass Corvo "nur" aus einem Vulkan besteht, ließ den zeitlichen Mittelpunkt meiner Reise wahrlich zum Bergfest werden. Denn am nächsten Morgen ging es erst zur Felsformation Cara do Indio, bevor Abschied von der Mädelsgang genommen wurde - vorerst. Anschließend ging es hinauf zum Caldeirao. Und auch wenn er trotz des starken Windes nicht wolkenfrei dalag, bot er ein tolles Fotomotiv - das jeder Tagestourist bekommt, sofern die Wolken nicht im Krater liegen. Die folgenden Tage zeigten aber, dass Corvo mehr ist als ein windiger und wolkenverhangener Krater.

 

Mein Hauptanliegen auf Corvo war die Sternfotografie, denn ich vermutete einen dunklen Ort innerhalb des Kraters bei Nacht. Somit ging ich den Tag gemütlich an und erkundete die sehenswerte Ostküste, die wohl nur von wenigen Touristen gesehen wird. Und bis zum Leuchtturm, der jenseits der blind endenden Straße liegt, geht wohl auch kaum einer. Zugegeben, sehenswert ist er nicht, doch macht er einiges durch die Abgeschiedenheit wett. Gegen Abend ging es dann hinein in den Krater, um eine geeignete Stelle für Schlafsack und Isomatte zu finden. Dass ich die falsche Einstellung an der Kamera verwendete, war aufgrund der nächtlichen Wolken nicht so schlimm. Ich sah diese Nacht eh als Test für die nachfolgende an, in der die Mondfinsternis stattfinden sollte. Leider blieb auch diese in Wolken verborgen, die über dem Krater standen. Somit war auch diese Nacht nicht erfolgreich. Zumindest war der Sonnenuntergang fotogen und zeigte im Ansatz mein nächtliches Vorhaben.

 

Bisher hat Corvo für Entschleunigung, Pausen und Phasen des Nichtstuns gesorgt. Und immer mehr erwächst in mir die Ansicht, dass Menschen, die Corvo nur einen Tag schenken, die Insel und ihre Möglichkeiten nicht erkannt haben. Denn zu jeder Tageszeit ist woanders etwas zu entdecken: Bademöglichkeiten, wilde Brandung, versteckte Gässchen. Delfine. Selbst vier Tage haben mir nicht gereicht, um alles zu erledigen. Es gibt noch so viele Nebenwege, die erkundet werden wollen. Ja, ich habe ein Stück weit mein Herz an diese Insel verloren. Auch oder gerade weil sie sich von den anderen Azoreninseln unterscheidet. Sie hat einen eigenen Rhythmus. Wer also sagt, vier Tage sind zu lang, hat die Insel und ihre Möglichkeiten verkannt.

 

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