Müritzer Seenplatte, Neubrandenburg und Neustrelitz
Der Regen startete am Morgen mit leichtem Niesel, später gesellten sich dicke Tropfen dazu, ehe es schlimmer wurde und es sich zu einem ausgewachsenen Gewitter aufschaukelte. Blitze zuckten ohne Unterlass und erhellten die Landschaft für Sekundenbruchteile. In diesem Wetter ging es bis nach waren in der Müritzer Seenplatte. Doch an ein Aussteigen geschweige denn Zelt aufbauen war überhaupt nicht zu denken. Aussitzen war die einzige Option. Somit entschloss ich mich zu einer Rundtour um die Seenplatte, um zumindest einen Eindruck zu gewinnen. Dieser gestaltete sich jedoch dahin, dass man wohl ein Boot braucht, um den Müritz Nationalpark wirklich zu erfassen. Und gutes Wetter sollte man dafür auch haben. Leider waren dort sesshafte Bekannte aus Kindertagen auch nicht zuhause, sodass der tag bis dato wenig erbrachte. Doch schlussendlich stoppte der Regen um 15.40 Uhr. Es blieb also Zeit, mal wieder Ordnung ins Auto zu bringen und sich mit den Zeltnachbarn zu unterhalten. Nachdem es in den Abend hinein wirklich aufklarte, fuhr ich noch nach Waren hinein, um festzustellen, dass es sich um eine hübsche, kleine Stadt mit regem Abendleben handelt, die gut als Ausgangspunkt für die Erkundung der Region geeignet ist.
Am nächsten Tag ging es nach Neubrandenburg, das aber außer einem besteigbaren Kirchturm überraschend wenig zu bieten hat. Denn selbst die vielgerühmte Stadtmauer war die Anreise kaum wert. Und auch das Shopping-Center reizte mich nicht. Freundlicher stellte sich Neustrelitz dar, was nicht zuletzt an dem tollen, zentralen Kirchenplatz lag. Wichtig war mir auch das Informationsbüro des Nationalparks, doch die Infos, die mir der Ranger gab, waren trotz meiner gezielten Fragen nur touristisch orientiert und damit, wie sich später herausstellte, schwer ernüchternd. Denn die Suche nach einem weiteren Eisvogel oder aber Bibern beantwortete er derart allgemein, dass es mir nicht half. Für sowas muss man halt auf Einheimische vertrauen, die man auf Wanderungen anspricht. Tatsächlich sah ich dann auch noch einen Eisvogel, der aber im Tiefflug an mir vorüberflog. Doch die Biber blieben mir verwehrt. Dafür erwischte mich der Wolkenbruch, der mich komplett durchnässte. Zumindest ergatterte ich später den allerletzten Platz auf einem Camping-Platz in der Pampa. Es gleicht sich halt immer aus.
Natur pur – Vom Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft bis nach Dargun
Dass die Ferien begonnen haben, merkte ich am Vortag daran, dass erst der vierte Ostsee-Campingplatz einen freien Platz für mich hatte. Es war Festival-Zeit in Kühlungsborn, weshalb alles voll war. Somit musste ich leider Warnemünde auslassen, doch kam ich auf diese Weise schneller in die Darßer Wildnis und den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft, wo es mit all den Fahrrad- und Wanderwegen viel zu erkunden gibt. Stunden habe ich tagsüber auf Wanderungen im Wald zugebracht, um abends auf dem Aussichtsturm auszuharren, da sich Rot- und Schwarzwild ungestört zeigten, wissend, dass ihnen im Nationalpark keine Gefahr droht. Völlig verausgabt fiel ich abends ins Zelt. Ans Wandern muss ich mich erst wieder gewöhnen. Nichtsdestotrotz ging es am nächsten Morgen gleich wieder hinein ins Grün, denn mit einem Tag wird man dem Nationalpark nicht gerecht, zumal die Sonne schien: Perfektes Wetter um den unberührten Weststrand zu erkunden. Und auch wenn er nicht so unberührt war, brachte er doch ein gewisses Südseefeeling auf.
Am nächsten Tag ging es weiter nach Schlemmin, dessen zum Hotel umfunktioniertes Schloss als Sehenswürdigkeit gilt, doch muss ich für meinen Teil sagen, dass ich die alte Dorfkirche eindrucksvoller und lohnenswerter fand. Die Hansestadt Stralsund machte dafür einen deutlich besseren Eindruck. Es stellte sich als freundliches Städtchen mit deutlich maritimem Flair dar, in dem man gut einen Tag verbringen kann. Von hier aus ging es weiter zur Klosterruine in Dargun, die ich auf einer weiblich geführten Einzelführung kennenlernen durfte. Und auch wenn dies interessant war, so waren für mich die wichtigeren Informationen jene über den angrenzenden Kummerower See und seine vogelreichen Überschwemmungsgebiete, die sie mir lieferte. So kam es, dass ich am Abend fünf Stunden auf dem Vogelbeobachtungsturm saß, nachts direkt darunter zeltete und morgens erneut von 6 bis 9 im Regen ausharrte. Und als ich bereits am Einpacken und fast schon weg war, kamen sie: Eisvögel, langersehnt, und schlussendlich als Familie. Fotografie braucht Zeit.
Städtetouren: Wismar, Schwerin, Bad Doberan und Güstrow
Seit Australien habe ich mit dem Gedanken gespielt, Deutschland als Reiseziel auf meine Liste zu nehmen, um das auch im Ausland geschätzte Heimatland kennenzulernen. Den Anfang machten in den vergangenen Jahren die norddeutschen Inseln, doch auch den Rest wollte ich sehen. Drum schmiss ich alle Sachen ins Auto und nahm die Oststrecke. Lübeck passierte ich, wohlwissend, dass es auf meiner Schleswig-Holstein-Liste steht. Aber für die Ziele reichen Tagesausflüge. Bereits am Nachmittag stand ich in Wismar, meinem ersten Ziel, inmitten der Stadt. Die einen Quadratkilometer kleine Innenstadt lässt sich bequem zu Fuß erkunden und bietet einen schnuckeligen Charme. Gebaut wurde hier fast ausschließlich mit Stein und nicht, wie im benachbarten Schwerin, überwiegend mit Holz. Dies sei auch der Grund, weshalb Wismar nicht mehrmals wie Schwerin abgebrannt sei, wie mir eine Einheimische erzählte. Um einen Vergleich zu bekommen, führte mich mein Weg am nächsten Tag in eben jenes Schwerin, das tatsächlich (entweder durch die Folge der Brände oder weil es Landeshauptstadt ist) neuer, aufgeräumter wirkte. Ich hatte das Gefühl, dass Wismar der kleine Bruder Schwerins wäre. Besonders hervorstechend sind das Schloss und die Seenlandschaft, die sich gut mit einer Rundfahrt erkunden lassen. Insgesamt stellte sich Schwerin als geeignet dar, es als Ausgangspunkt für umliegende Ziele zu wählen. Hier zu nennen wäre zum Beispiel Güstrow, das sich für einen Tagesausflug anbietet. Doch zeigt es auch die Strukturschwäche des Ostens. Die durchaus sehenswerte Altstadt war an einem Samstag nahezu menschenleer. Und wenn schon Erwachsene nichts in der Stadt zu tun haben, was machen dann die Kinder und Jugendlichen? Angebote habe ich keine entdeckt. Nun erklärt sich mir auch die Masse an NPD-Plakaten an allen Straßen. Ohne Alternative ist das Abdriften fast vorprogrammiert. Das fehlende Angebot wurde mir auch von einer jungen Frau in Bad Doberan bestätigt. Sie sagte nur, dass Rostock die einzige Möglichkeit für Unternehmungen sei. Da kommt die Radiomeldung vom heutigen Tage ins Spiel: Wismar will die Bahnverbindung nach Rostock wieder jede Stunde anbieten und nicht alle zwei, wie es momentan ist. Die Strukturschwäche zeigt sich in den Städten und den Dörfern, auch wenn die Abgeschiedenheit inmitten grüner, wunderschöner Landschaften und toller Alleen einen Reiz bietet.
Rügen im Mai
Im Nachhinein bin ich mehr als froh, dass ich die freien Tage genutzt habe, um sie auf Rügen zu verbringen. Nicht nur, dass ich einfach traumhaftes Wetter hatte, sondern auch die Liste, die ich an diesem verlängerten Camping-Wochenende schreiben konnte, machten den Trip zu einem Erfolg. Bevor es im Sommer nach Island geht, sind noch einige Dinge zu erledigen und anzuschaffen, die ich „damals“ alle schon aus gutem Grund besaß, mir aber erst jetzt in der Praxis wieder eingefallen sind.
Um gleich von Beginn an etwas von der Insel zu sehen, bog ich schon früh von der Bundesstraße ab, um über Kopfsteinpflasterpassagen in Poseritz und Garz nach Putbus zu fahren, um mir den Schlosspark anzusehen. Und auch wenn es auf der Hinfahrt noch regnerisch und überwiegend grau war, so klarte es im Laufe des Vormittags beim Durchfahren der ersten Alleen immer mehr auf, was sie in ein eindrucksvolles Licht warf. Es mutete dabei ironisch an, dass etwas so potenziell Tödliches in einem solch guten Licht dargestellt wurde. Unbeschadet erreichte ich den Schlosspark, der zu einer kurzen Wanderung einlud. Doch das aufklarende Wetter zog mich schnell weiter in Richtung des Jagdschlosses in Granitz. Denn so makellos das Wetter später auch werden sollte, durchkreuzte es doch beinahe mein Vorhaben, die verschiedenen Gebäude Rügens mit dramatischem Himmel abzulichten. Danach ging es weiter nach Thiessow, wo ich zum ersten Mal an diesem Tag blauen Himmel über blauem Meer genoss. Bis ich das Seebad Sellin erreicht hatte, waren auch die letzten Wolken von der Sonne weggebrannt worden, sodass die Seebrücke in vollem Licht und gut besucht vor mir lag. Doch mit Geduld und Langzeitbelichtung blieben von den Massen nur geisterhafte Schemen zurück. Mittlerweile war es Nachmittag geworden, sodass ich mich zum Campingplatz begab, um zumindest das Lager für die Nacht herzurichten. Doch in fußläufiger Reichweite warteten anschließend nicht nur der Strand, sondern auch der Koloss von Prora, einem ehemaligen NS-Kraft durch Freude-Bau, der sich mit seinen Ruinen über Kilometer am Strand hinzieht und stellenweise renoviert wurde, um ihm einem sinnvollen Zweck zuzuführen.
Am nächsten Tag ging es nach Sassnitz, dem Ausgangspunkt zur Erkundung des Nationalparks Jasmund, der die Kalkfelsen beheimatet. Der Weg zu eben diesen gab mir seit Langem mal wieder die Gelegenheit, ausführlich über steinige Strände und durch grüne Wälder zu wandern. Kräftezehrend war es, aber auch schön. Auch weil als Belohnung die Kalkfelsen dank des Sonnenscheins in hellweißem Licht erstrahlten. Doch der Wald weckte auch Erinnerungen. Erinnerungen an eine andere Zeit, eine andere Insel, einen anderen Wald.
Den Abschluss des Tages bildete das Kap Arkona in Putgarten, das mir zumindest mein obligatorisches Leuchtturmbild bescherte. Doch viel mehr bekam ich von dem Örtchen selbst und dem Fischerdörfchen ob meiner vom mittlerweile wieder ungewohnt vielen Wandern schmerzenden Beine nicht mehr mit. Umso mehr freute ich mich auf eine Dusche, ein Abendessen und mein Zelt.
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