SonneMondSterne XXI am Saalburg Beach
Als ich 2016 durch Saalburg-Ebersdorf fahren wollte, geriet ich in einen kaum zu durchdringenden Stau. Grund hierfür war das jährlich stattfindende SonneMondSterne-Festival, das unglücklicherweise zu jenem Moment begann. Erst als ich wieder im Norden war, wo dieses Festival gänzlich unbekannt ist, konnte ich nachforschen, in was ich da hineingeraten war. Es war die Anreise von 35.000 Menschen zum größten Techno-Festival Thüringens. In jenem Moment fasste ich den Entschluss, im nächsten Jahr gezielt hinzufahren. Und so kam es, dass ich meinen Sommertrip nach diesem Datum ausrichtete und plante.
Die Anreise am Mittwoch verlief problemlos, auch wenn zu jenem Zeitpunkt schon reger Betrieb auf dem Gelände herrschte. Die ersten Anlagen auf dem Campingplatz wurden schon aufgebaut, sodass schon kurz darauf die Bässe von allen Seiten auf mich eindrangen. Den stilleren Bereich hatte ich offensichtlich nicht erwischt. Nachdem ich von meiner ersten Erkundung des Stausees zurückkam, hatte sich der Platz deutlich gefüllt, Zelte und Pavillons waren mit unterschiedlichem Elan aufgebaut worden. Qualität und richtiger Aufbau zeigten sich abends und über Nacht, als das erste Unwetter über das Gelände hereinbrach. Gewitter, Sturm, Hagel und Starkregen waren zu viel für eine ganze Reihe von privaten Aufbauten, deren Überbleibsel nur noch als moderne Kunst durchgingen. Panzertape war ein hochgehandeltes Gut. Auch der nächste Morgen war wie der ganze Tag grau, wolkenverhangen und nieselig. Nichtsdestotrotz zog ich nochmal los, um auf der anderen Seeseite Fotospots zu erkunden, die mir am Vortag von einem einheimischen Fotografen empfohlen wurden. Das Wetter störte das Partyvolk aber nicht, selbst während des nächsten Unwetters am Abend ging die Feier auf dem Gelände weiter. Glücklicherweise fand ich während des stärksten Regens Unterschlupf im professionell aufgebauten Pavillon meiner gastfreundlichen Nachbarn Stefan, Marie, Chris, Franzi, Michelle und Paula, bei denen ich mich essenstechnisch ein wenig durchschnorrte (Danke dafür!), denn meine Vorratsbox war sehr grundlegend gefüllt. Zumindest konnte ich im Ausgleich ein wenig mit meinem zweiten Zelt aushelfen, als sich Undichtigkeiten zeigten.
Nachdem ich in der Nacht wohl auch geschlafen haben muss, da ich geträumt habe, war nun endlich der Tag gekommen, an dem das Festival offiziell eröffnet wurde. Und dröhnten die Bässe auch laut über den Campingplatz, so ging es auf dem offiziellen Gelände erst richtig los: Bässe, dass einem die Nasenflügel wackelten, getreu dem Motto „Glück ist, wenn der Bass einsetzt“. Zugegeben, ohne Ohropax hätte ich ernsthafte Sorgen um mein Gehör gehabt. Auch wenn viele Acts nicht meinen Geschmack trafen, so gab es auf einer der acht Bühnen immer irgendetwas, das mir gefiel.
Insgesamt wirkten Unmengen von Erlebnissen aller Art auf mich ein, ich bin noch immer dabei, die Eindrücke zu verarbeiten. Z.B., wie wertvoll eine Dusche sein kann, kam mir wieder ins Bewusstsein. Oder dass man beim Tanzen fast einschlafen kann.
Und dann war es vorbei. Sonntagmorgen, als nur noch auf einer Bühne Musik lief, begann bereits die große Abreisewelle. Und das zurückgelassene Müllchaos machte mich sprachlos. Zugegeben, wir haben zu dritt die Hinterlassenschaften gefleddert und dabei voll funktionsfähige Zelte, Stühle und andere Ausrüstung gefunden. Klar, wenn es kaputt ist, aber warum etwas Intaktes wegschmeißen?
Das war es also, mein erstes Festival. Fazit: Wenig Schlaf, viel Matsch, tolle Menschen (ich meld mich, wenn ich nach Leipzig komm!), Müll und viel Musik! Mit etwas Abstand würde ich es bestimmt wieder tun.
Thüringens Mitte – Teil 4 – Erfurt, Weißensee, Nordhausen
Nachdem der Vorabend der Besinnung und des Nachdenkens diente, da meine Wäsche auf der Leine hing und ich ihr beim Trocknen zugucken konnte, wollte ich nun die Landeshauptstadt Erfurt besuchen. Es stellte sich dabei heraus, dass die Morgenstunden dazu weniger geeignet waren, da sich die unzähligen Lokale wohl erst abends füllen. Zudem war der Dom aufgrund einer Theaterveranstaltung, die ihn innen und außen in Beschlag nahm, geschlossen. Auch die Straßensituation mit gesperrten Straßen, Sonderrechten für Straßenbahnen, Einbahnstraßen und meinem hilflosen Navi hat mich ein wenig überfordert. Deswegen lässt man das Auto vor den Toren der Stadt stehen und fährt mit der Bahn hinein. Versucht habe ich es, aber den Fahrplan der Straßenbahnen habe ich nicht durchblickt. Nichtsdestotrotz machte Erfurt einen freundlichen Eindruck, der einen zweiten Besuch lohnenswert erscheinen lässt. Doch für heute hatte ich genug und zog weiter nach Weißensee, wo mich der Chinesische Garten lockte. Und auch wenn Weißensee für nicht mehr als einen Zwischenstopp herhält, lohnt ein Besuch im Garten absolut. Es ist ein Ort der Ruhe, wunderschön gestaltet. Und da ich eh ein Faible für diese Art Gartenkunst habe, nutzte ich die Zeit für eine ausgedehnte Fotosession. Der Rest der Kleinstadt ließ sich in wenigen Minuten erkunden, sodass ich bald wieder aufbrach. Ich stand im Begriff, Thüringen zu verlassen und nach Sachsen-Anhalt zu wechseln. Doch fand ich auf dem Weg ein Hinweisschild, das mich bei Nordhausen zur KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora lenkte, die mir gänzlich unbekannt war. Es handelte sich hierbei um ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. In einem ausgedehnten Stollensystem wurde hier unter anderem unter unmenschlichen Bedingungen die V2-Rakete produziert. Ich erwischte gerade noch rechtzeitig eine Gruppe, die im Begriff stand, durch das Stollensystem geführt zu werden. So bekam ich einen Eindruck der Zustände und Arbeitsbedingungen. Wer immer auch in dieser Ecke ist, dem empfehle ich einen Besuch. Insgesamt empfehle ich jedem einen Besuch Thüringens!
Thüringens Mitte – Teil 3 – Weimar, Ettersburg, Buchenwald
Noch am gleichen Tag, als ich Jena verließ und mich in Ettersburg, das in direkter Nachbarschaft zu Weimar liegt, einquartierte, nutzte ich den fortgeschrittenen Nachmittag, um zuerst die Ettersburg zu betrachten und mich danach auf die Zeitschneise zu begeben. Dieser kurze Wanderweg verbindet die Ettersburg als ein Symbol des Schönen und Friedfertigen mit dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald, das heute eine Gedenkstätte ist. Mit dieser Vorstellung durch den Wald zu gehen, allein mit den Gedanken, um dann erst auf die Außengrenze des Lagers und dann das Lager selbst zu stoßen, war bedrückend und erzielte somit die beabsichtigte Wirkung der Zeitschneise. Obwohl die Ausstellungen heute geschlossen waren, verbrachte ich einige Stunden auf dem Gelände, das in seiner Weitläufigkeit nicht unterschätzt werden darf. Nach diesen ersten Eindrücken änderte ich meine Reiseplanung und schob einen weiteren Tag ein. Denn Buchenwald war eins der mir wichtigsten Ziele auf meiner Reise, ein Ziel, dass mich angetrieben hat.
So wurde der nächste Tag ein äußerst geschichtsträchtiger. Den Vormittag verbrachte ich in Weimar mit Verfassung, Goethe und Schiller. Den geisteswissenschaftlichen Hintergrund sieht man Weimar in jeder Gasse an. Ein Sammelort von Denkern, Dichtern und Poeten. Auch der Besuch Goethes Wohnhauses war trotz des saftigen Eintrittspreises lohnenswert, auch wenn ein Geisteswissenschaftler sicherlich mehr Spaß daran gehabt hätte. Den Nachmittag verbrachte ich wieder in der Gedenkstätte Buchenwald, schließlich ward es mein Primärziel. Und man benötigt schon einen oder zwei Tage, um die akribisch vorbereiteten Ausstellungen zu erkunden und die Thematik zu begreifen. Im Gegensatz zu sachsenhausen ist Buchenwald nicht mit Besuchern überlaufen, sondern nahezu leer, was aber auch an der Weitläufigkeit des Geländes liegen kann. Dennoch bin ich verwundert, denn Sachsenhausen hat meines Erachtens bei Weitem nicht ein solches Maß an Aufbereitung erfahren. Das Grauen ist hier an nahezu jeder Stelle greifbar. Es ist ein Mahnmal menschlichen Versagens. Und wie die Einwohner Weimars nichts davon gewusst haben wollen, ist mir schwer begreiflich. Kollektive Verdrängung. Umso wichtiger ist diese Gedenkstätte. Um eine solche Verdrängung nicht erneut zuzulassen.
Thüringens Mitte – Teil 2 – Bad Langensalza, Gotha, Jena
Bad Langensalza ist ein kleiner, überschaubarer Kurort, das als Ausgangspunkt für den Hainich NP genutzt werden kann. Doch bekannt ist Bad Langensalza für seinen Rosengarten, der aber bei bestem Willen den Besuch nicht lohnt. Wenn ich mich nicht vor den Öffnungszeiten durch den Gärtnereingang hinein gemogelt hätte, hätte es mir um den Eintrittspreis leid getan. Zumindest konnte ich mich mal wieder mit frischem Brot und Gebäck eindecken. Frisch gestärkt ging es weiter nach Gotha, das deutlich belebter war und einen guten Gesamteindruck bot. So sehr tatsächlich, dass ich mir ein Leben in solch einer ruhigen Kleinstadt vorstellen könnte. Jena hingegen enttäuschte. Eine Stadt ohne Flair, obwohl es eine Universitätsstadt ist. Es mag sicher Insider-Orte geben, aber auf den ersten Eindruck fehlen Struktur und eine liebevoll gestaltete Innenstadt. Darüber kann auch nicht hinwegtrösten, dass es sich hierbei um die Geburtsstadt von Ernst Haeckel handelt. Selbst die Jugendlichen, mit denen ich vor dem Planetarium ins Gespräch kam, sagten, dass sie zum Studieren lieber woanders hingehen werden. Ich mag mit meiner Einschätzung falsch liegen. So möge man mich gern vom Gegenteil überzeugen.
Thüringens Mitte – Teil 1 – Eisenach und der Hainich Nationalpark
Sonne macht alles besser! Schon vor der Einfahrt nach Eisenach erstrahlte die über der Stadt thronende Wartburg. Und auch wenn mich die Parkgebühren zuerst abschreckten, so lohnt ein Besuch doch auf jeden Fall. Dieser geschichtsträchtige Ort bietet mehr als die weitläufige Aussicht über Thüringens Wälder. Doch auch Eisenach selbst lohnt einen Besuch. Durch die Gassen zu schlendern auf der Suche nach Luthers und Bachs Wohnhaus bereitete mir Spaß, wobei ein Großteil davon auf den Sonnenschein zurückgeführt werden kann. Doch auch das imposante Burschenschaftsdenkmal hinterließ Eindruck, zumal man von dort einen tollen Blick auf die Wartburg hatte.
Aber auch hier erwischte ich mich wieder dabei, dass ich gewisse Sehenswürdigkeiten ausließ, um einerseits mir wichtigere Ziele in Angriff zu nehmen, andererseits aber auch, weil sich Erschöpfung und auch eine gewisse Sättigung (was vor allem Städte angeht) in mir breit machten. Eisenach hat mit Sicherheit noch viele schöne Ecken zu bieten, doch mich zog es in den Hainich Nationalpark. Aber auch hier zeigte sich die Unkonzentriertheit, denn die Wahl des Campingplatzes fiel ungünstig aus. Doch auch dies ließ sich unter anderem durch ausgedehntes Wandern korrigieren.
Der Hainich Nationalpark hat außer dem Baumwipfelpfad keine Attraktionen. Er ist selbst die Attraktion. Zum Nationalpark wurde er aufgrund seines unberührten urwüchsigen Waldes erklärt. Er lädt also zu ausgedehnten Wanderungen ein, was ich mir zu Herzen nahm und gute 7 Stunden die Wege erforschte. Dabei traf ich nur an den Hauptknotenpunkten auf Menschen, die ersten tatsächlich erst um 10 Uhr. Und auch wenn manche Wege über wenig attraktive Schotterpisten führen, so fand ich dennoch echte Wanderwege: durch Wald, über Wiesen, über Felder. Kombiniert man dies mit dem Wanderweg von der Probstei Zella nach Nazza, so sind es wirklich die Wege, die den Hainich NP besonders machen.
Der Thüringer Wald - Thüringens Süden
Isländische Zustände: In der Nacht herrschten Temperaturen um den Gefrierpunkt, am Tag ging das Thermometer nicht über 15°C. Zum Wandern waren es perfekte Bedingungen, da zudem die Sonne schien. Also ging es durch den Wald hinauf auf den Kickelberg, der eine gute Aussicht über den Thüringer Wald bot. Doch dieses Gebiet hat mehr zu bieten als Bäume. Die ganze Gegend ist von Flüssen durchzogen, die sich durch die Täler bewegen und malerische Auenlandschaften bilden. Besonders das ursprünglich gehaltene Vessertal überraschte mit tollen Ausblicken und Wanderwegen. Leider erhielt ich diesen Tipp zu spät, als dass ich das ganze Gebiet hätte erkunden können. Ich war einfach müde und erschöpft, wie es immer öfter der Fall in den letzten Tagen gewesen ist.
Der nächste Tag präsentierte sich wieder isländisch: Diesmal gänzlich ohne Sonne. Doch das tat den angesteuerten Zielen keinen Abbruch. Besonders der bei Tambach-Dietharz gelegene Falkenstein, der nur zu Fuß am Stausee entlang zu erreichen ist, bekam durch die tiefhängenden Wolken eine besondere Stimmung. Von Vorteil bei solchem Wetter ist, dass man die Wanderstrecke nahezu für sich allein hat. Den ebenfalls angestrebten Bergsee Ebertwiese erreichte ich natürlich wieder nur über Umwege, da die direkte Verbindung gesperrt war. Doch wie jeder Teil des Thüringer Waldes lohnte sich auch dieser. Auch wenn an baden nicht zu denken war, konnte ich mir gut vorstellen, was hier bei gutem Wetter los sein muss. Nachdem ich mich einigermaßen trockengelegt hatte, suchte ich das Schloss Altenstein in Bad Liebenstein auf, das gerade aufwändig renoviert wird, weshalb es selbst keinen sonderlich guten Eindruck machte. Jedoch die Parkanlage ist sagenhaft schön. Sie wurde kunstvoll und liebevoll bis ins kleinste Detail hergerichtet. Allein dies rechtfertigt einen Besuch.
Auch wenn es heute kaum Starkregen, sondern nur erträglichen Nieselregen gegeben hat, hoffe ich darauf, dass sich das Wetter in den nächsten Tagen bessert.
Die Irrfahrt durch den Thüringer Wald
Von Zwickau aus übertrat ich die Grenze nach Thüringen mit Greiz als erstem Ziel, das mit drei Schlössern, beziehungsweise zwei Schlössern und dem Sommerpalais, aufwartet. Alle drei beherbergen Museen und zeigen die typischen, zeitgenössischen Innenräume. Besucht habe ich nur den Sommerpalast, da er schließlich mein Hauptziel war. Tatsächlich lohnte es sich auch in meinen Augen, da unter anderem aktuelle Karikaturen ausgestellt waren, die zum Nachdenken anregten. Architektonisch stach der Sommerpalast deutlich gegenüber den Schlösser hervor. Besonders das obere Schloss ist erst teilweise restauriert und macht im Vergleich einen vernachlässigten Eindruck. Aber genug von Schlössern und Museen, ich wollte Natur. Der Naturpark Schiefergebirge um Saalburg-Ebersdorf rief. Er sollte das Ziel für die nächsten Tage werden. Doch es kam anders. Bereits vor dem Einfahren in die Stadt entdeckte ich riesige Zeltwiesen und wähnte mich schon am Zeltplatz. Doch der Ordner erklärte mir schmunzelnd, dass ich mir wohl den falschen Zeitpunkt ausgesucht habe, da ab heute die Anreise zu Thüringens größtem Techno-Festival mit 35.000 Besuchern, dem Sonne, Mond und Sterne (SMS), anstand, das die nächsten fünf Tage die Stadt in Beschlag nehmen würde. Der Naturpark fiel für mich also aus. So ging es „kurz“ weiter nach Ilmenau in den Thüringer Wald. Sperrungen und Umleitungen ließen mich gefühlt über Stunden umherirren. So bekam ich zumindest einen Eindruck von der Landschaft. Und der entschädigte für einiges. Thüringens Gebäude, meist Fachwerk, und Dörfer in dieser Region sind wunderschön und passen einfach gut in die bergige, dicht bewaldete, tiefgrüne Landschaft. Schlussendlich kam ich abends gegen 19 Uhr wohlbehalten in Ilmenau an. Aber es war genug für einen Tag. Serpentinen zu befahren ist Kräfte zehrend.
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Stefan (Montag, 28 August 2017 19:46)
Hallo Jochen,
die Bilder sind sehr gut geworden und man bekommt einen Eindruck davon, dass das Festival ziemlich schmutzig war aber doch gelungen.
Ich hoffe wir sehen dich nächstes Jahr an der Goitzsche zum Sputnik Spring Break 2018! :P
Grüße Stefan!